Für die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern ist in der GmbH  die Gesellschafterversammlung zuständig. Das gilt auch für das Abschließen und Kündigen des Geschäftsführer-Dienstvertrages. Auf diesen ist § 626 Abs. 2 BGB anwendbar mit der Folge, dass die Kündigung aus wichtigem Grund nur innerhalb von zwei Wochen ab der Kenntnis vom wichtigen Grund ausgesprochen werden kann. Wann aber hat ein Gremium wie die Gesellschafterversammlung Kenntnis? Auf wessen Kenntnis kommte es an? Mit diesen Fragen hat sich der BGH wiederholt, zuletzt in einem Urteil vom 9. April 2013, das soeben veröffentlicht worden ist, auseinandergesetzt. Die Grundzüge der Rechtsprechung sind hier zusammengefasst.

Grundsatz: Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung

Nach § 46 Nr. 5 GmbHG bestellt die Gesellschafterversammlung den Geschäftsführer und beruft ihn ab. In entsprechender Anwendung der Vorschrift ist dies auch auf den Abschluss und die Beendigung des Geschäftsführer-Dienstvertrags anwendbar. Soll eine Kündigung aus wichtigem Grund ausgesprochen werden, so ist also ein entsprechender Beschluss der Gesellschafterversammlung herbeizuführen. Gibt es mehrere Gesellschafter, so wird danach einer von ihnen damit betraut, dem Geschäftsführer den Beschluss mitzuteilen und die Kündigung auszusprechen. Darin liegt eine Bevollmächtigung dieses Gesellschafters, im Namen der Gesellschafterversammlung die empfangsbedürftige Willenserklärung der Kündigung gegenüber dem Geschäftsführer abzugeben.

Kenntnis des Gremiums, nicht einzelner Mitglieder

Bei Kündigungen von Dienstverträgen aus wichtigem Grund läuft nach § 626 Abs. 2 BGB eine mit der Kenntnis vom Kündigungsgrund beginnende Zweiwochenfrist. Das ist Ausdruck der Tatsache, dass die Kündigung aus wichtigem Grund voraussetzt, dass die Fortsetzung des Anstellungsverhältnsises für die GmbH unzumutbar geworden ist. Lässt die GmbH nach Kenntnis vom Kündigungsgrund mehr als zwei Wochen verstreichen, so ist unwiderleglich vermutet, dass die Fortsetzung nicht unzumutbar ist – sonst hätten sich die Kündigungsberechtigten anders verhalten.

Kernproblem ist demgemäß die Frage, wann diese Frist beginnt: Dann, wenn einzelne Mitglieder des Gremiums Kenntnis haben oder erst dann, wenn – etwa durch Einberufung einer Gesellschafterversammlung und entsprechenden Bericht in derselben – das gesamte Gremium Kenntnis erlangt hat?

Kenntnis muss „als Gremium“ erlangt sein

Grundsätzlich kommt es nach Auffassung des Bundesgerichtshofs darauf an, dass das gesamte Gremium Kenntnis vom Kündigungsgrund hat. Der Bundesgerichtshof verlangt darüber hinaus, dass die Kenntnis der Mitglieder nicht aus irgendwelchen privaten Quellen kommen darf. Er stellt darauf ab, dass die Mitglieder die Kenntnis in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der Gesellschafterversammlung erlangt haben, dass ihnen also in einer solchen Versammlung die entsprechenden Informationen unterbreitet wurden. Das hat der Bundesgerichtshof – in Abweichung von vorangegangener Rechtsprechung – bereits im Juni 1998 entschieden (II ZR 318/96). Dies mit folgender Begründung:

Da die Gesellschafterversammlung ein Kollegialorgan ist, das einen Willen durch Beschlußfassung bilden muß, kommt es für die Wissenszurechnung an die Gesellschaft nur auf die Kenntnis der Organmitglieder in ihrer Eigenschaft als Mitwirkende an der kollektiven Willensbildung an. Kenntnis der Gesellschafter als kollegiales Beratungs- und Beschlußorgan liegt daher erst dann vor, wenn der für die Tatsachenkenntnis maßgebliche Sachverhalt hinsichtlich der Entlassung des Geschäftsführers einer Gesellschafterversammlung ( § 48 Absatz I GmbHG) unterbreitet wird.

Nur dann, wenn nach Kenntniserlangung Mitglieder der Gesellschafterversammlung das Einberufen einer solchen unangemessen verzögern, wird die Versammlung behandelt, als wäre eine Gesellschafterversammlung rechtzeitig einberufen worden.

Kenntnis einzelner Personen genügt nicht

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 2001 die obige Rechtsprechung bestätigt und klargestellt, dass die Kenntnis des Vorsitzenden des zur Kündigung berufenen Gremiums nicht genügt, wenn ein Entscheidungsgremium die Kündigung aussprechen muss. Im konkreten Fall lag die Befugnis zum Kündigen beim Aufsichtsrat. Hier genügte die Kenntnis des Aufsichtsratsvorsitzenden zum Auslösen des Fristenlaufs nicht.

Delegierbarkeit der Kündigungsbefugnis und Kenntnis

Daraus wäre im Prinzip zu entnehmen, dass zu Lasten des Geschäftsführers die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB erst mit der Erörterung des Kündigungsgrundes in der Gesellschafterversammlung beginnt. Dabei bleibt der Bundesgerichtshof auch in seiner hier besprochenen neuesten Entscheidung zu diesem Themenkomplex.

Im konkreten Fall war die Kompetenz zur Beendigung des Anstellungsvertrags von der Gesellschafterversammlung auf einzelne Personen, im konkret entschiedenen Fall auf ein Vorstandsmitglied der Muttergesellschaft der alleinigen Gesellschafterin, verlagert worden. Dann kommt es für den Lauf der Zweiwochenfrist dennoch nicht auf die Kenntnis dieser zur Kündigung berufenen Person an. Schließlich war die Befugnis der Geschäftsführer der Gesellschafterin, über die Kündigung des Anstellungsvertrags zu entscheiden, durch die Bevollmächtigung einer weiteren Person nicht ausgeschlossen.

Zustimmungserfordernisse

Die Geschäftsführer der Gesellschafterin bedurften allerdings für Entscheidungen betreffend die Abberufung des Geschäftsführers in der Tochtergesellschaft der Zustimmung des besagten Vorstandsmitgliedes. Hier sieht der BGH eine Parallele zum oben beschriebenen Fall, dass eine Gesellschafterversammlung pflichtwidrig nicht einberufen wird: Grundsätzlich laufe die Frist zur Kündigung erst mit dem Erhalt der Zustimmung des Vorstandsmitglieds. Machen die Geschäftsführer der Gesellschafterin allerdings keine Anstalten, diese Zustimmung einzuholen, so wird das Kündigungsrecht in der gleichen Weise verwirkt wie dann, wenn Kenntnisträger sich nicht um das Einberufen einer Gesellschafterversammlung mit Beschlussfassung über die fristlose Kündigung bemühen.

Was bleibt offen?

Für den Fall der verdrängenden Kompetenzverlagerung hat das Gericht keine Aussage getroffen. Nach der Argumentation im aktuellen Urteil liegt es aber nahe anzunehmen, dass es nur dann nicht mehr auf die Kenntnis der Gesellschafterversammlung ankommt, wenn die Zuständigkeit mit verdrängender Wirkung auf ein anderes Organ, etwa einen fakultativen Aufsichtsrat verlagert wurde. Eine verdrängende Vollmachtserteilung lag nach Auffassung des BGH im entschiedenen Fall nicht vor, worauf es offenbar nach Auffassung des Senats ankam. Ist die Gesellschafterversammlung in der Entscheidung ausgeschlossen, könnte die Entscheidung anders zu treffen sein.

Rechtsunsicherheit besteht weiterhin hinsichtlich des Fristenlaufs: Beginnt die Frist auch grundsätzlich erst mit Befassung des Gremiums, so wird man stets geltend machen können, dass die Einberufung des Gremiums pflichtwidrig verzögert worden sei, so dass die Kündigungsmöglichkeit verwirkt sei, obwohl nach der Befassung des Gremiums die Zweiwochenfrist eingehalten ist. Rechtssicherheit ist durch die Entscheidung also nicht eingetreten.