Am 31.12.2015 ist die Aktienrechtsnovelle 2016 in Kraft getreten. Die Novelle ändert § 95 AktG dahingehend, dass der Aufsichtsrat aus mindestens drei Mitgliedern besteht. Eine durch drei teilbare Anzahl von Aufsichtsräten ist nur noch dann verlangt, wenn das aufgrund mitbestimmungsrechtlicher Vorschriften (Drittelbeteiligungsgesetz) erforderlich ist. Eine vergleichbare Änderung ist für die SE in § 17 SEAG nicht vorgenommen. Was bedeutet das für die Zusammensetzung eines Aufsichtsgremiums der SE?

Grund für die Änderung des Aktiengesetzes

Die Gesetzesmaterialien zur erst kurz vor der Verabschiedung in die Aktienrechtsnovelle 2016 eingeführten Änderung des § 95 AktG begründet diese historisch: Bis 1994  galt für alle Aktiengesellschaften eine drittelparitätische Organisationsstruktur mit Beteiligung mindestens eines Arbeitnehmervertreters im Aufsichtsrat. § 76 I BetrVG 1952 verlangte, dass der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen musste. Seit 1994 beschränkte das Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts in § 76 V BetrVG a.F. den Anwendungsbereich auf Aktiengesellschaften, die weniger als fünfhundert Arbeitnehmer haben. Am 1.7.2004 trat die Vorschrift ganz außer Kraft und an ihre Stelle trat das Drittelbeteiligungsgesetz. Es ist gleichfalls nur für Gesellschaften mit mehr als 500 Arbeitnehmern anwendbar.

Waren vormals alle Aktiengesellschaften drittelbeteiligt, ergab sich naturgemäß eine durch drei teilbare Zahl von Aufsichtsratsmandaten. Nachdem seit mehr als 20 Jahren die Drittelbeteiligung nicht mehr durchgängig verpflichtend ist, ergibt sich nach Auffassung des Rechtsausschusses, dass die Zahl der Aufsichtsratsmandate in der nicht mitbestimmten Aktiengesellschaft keine sachliche Rechtfertigung mehr hat. Die Hauptversammlung einer kleinen Aktiengesellschaft hat also künftig die Wahl, wie viele Aufsichtsratsmandate sie vergeben möchte, sie muss bei der Satzungsgebung lediglich die Untergrenze von drei Aufsichtsratsmandaten beachten.

Keine Änderung bei der SE

Die SE soll ausweislich der SE-Verordnung den Regelungen des Aktienrechts folgen, wenn nicht die Besonderheit der SE etwas anderes verlangt. § 17 SEAG allerdings folgt der Änderung für die Aktiengesellschaft (noch) nicht. Nach dem Gesetzeswortlaut müssen daher Aufsichtsgremien der SE immer eine durch drei teilbare Zahl von Mitgliedern haben. Das könnte allerdings den Regelungen der SE-Verordnung widersprechen. Art. 9 II der SE-VO besagt:

Von den Mitgliedstaaten eigens für die SE erlassene Rechtsvorschriften müssen mit den für Aktiengesellschaften im Sinne des Anhangs I maßgeblichen Richtlinien im Einklang stehen.

Art. 10 SE-VO bestätigt den Befund und stellt klar,dass die SE wie eine Aktiengesellschaft, die nach dem Recht des Sitzstaates gegründet wurde, behandelt wird. Für eine SE  mit Satzungssitz in Deutschland ist das das AktG.

Fraglich ist nun, ob diese Vorschriften bedeuten, dass die Regelung zur Aufsichtsratsbesetzung bei der SE verordnungswidrig ist. Ist das der Fall, so bestünde eine Diskrepanz zwischen Verordnung und Gesetz, Weil hier das EU-Recht das höherrangige Recht ist, wäre die Art. 9 II SE-VO und § 95 I AktG widersprechende Regelung in § 17 SEAG unwirksam und nicht anwendbar. Dann könnten schon heute die Satzungen von nicht mitbestimmten SEs, die ihren Satzungssitz in der Bundesrepublik haben, dahingehend geändert werden, dass auch eine nicht durch drei teilbare Zahl von Aufsichtsratsmandaten bestimmt werden kann.

Dagegen ist allerdings einzuwenden, dass die SE-VO die Mitgliedstaaten ausdrücklich ermächtigt, Regelungen für die Rechtsform der SE zu treffen. Das betrifft sowohl die Mitbestimmung als auch Fragen der Gründung der Gesellschaft. Dem ist der Gesetzgeber mit dem SEAG ja auch nachgekommen. Nach hier vertretener Ansicht wäre daher zur Zeit eine Satzungsregelung nicht wirksam zu treffen, nach der eine nicht mitbestimmte SE einen Aufsichtsrat mit 4 oder 5 Mitgliedern hat. Das ist aber natürlich nicht unumstritten (a.A. z.B. Bayer/Scholz, ZIP 2016, 193 ff).

Jedenfalls ist wünschenswert, dass der Gesetzgeber die Unklarheit beseitigt und den Rechtsstand bei der SE dem der AG anpasst.