Rund 53 Millionen Menschen nutzen in Deutschland das Internet regelmäßig. Die weitgehende Vernetzung der Welt, die Unabdingbarkeit eines Smartphones mit mobilen Datentarifen, wie auch das Surfen auf Social Media Plattformen, wie Facebook und Twitter, führen zur Annahme, dass der moderne Mensch ständig erreichbar und online sein muss.

Dies hat aber auch arbeitsrechtliche Relevanz. Verzichtet ein Arbeitnehmer auf solche Nutzung während der Arbeitszeit? Wohl kaum, finden aktuelle Statistiken, bei denen 25% aller Befragten zugeben, das Internet täglich während der Arbeitszeit zu nutzen.

Das LAG Berlin-Brandenburg entschied jüngstens zugunsten des Arbeitgebers einen Fall ausufernder Internetnutzung und gab diesem umfassende Rechte für die Beweiserhebung.

Sachverhalt und Urteil

Gegenüber einem Arbeitnehmer, Gruppenleiter Konstruktion, der seit 16 Jahren ein unbeanstandetes Arbeitsverhältnis führt, kommt der Verdacht der exzessiven privaten Internetnutzung auf. Daraufhin führt der Arbeitgeber eine Datenvolumenüberprüfung, bei der Down-/und Uploadraten der einzelnen Rechner im Netzwerk gemessen werden, aus. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass nur die Unternehmensserver per se ein höheres Datenvolumen aufweisen als der PC des Mitarbeiters. Dieser wird zur Rede gestellt und gibt zu, dass er das Internet auch zu Privatzwecken nutzt, mit der Folge einer fristlosen, außerordentlichen Kündigung. Zu Beweiszwecken wird zudem, ohne Zustimmung des Arbeitnehmers, der Browserverlauf des Dienstrechners ausgewertet. Die Daten enthielten den Zeitpunkt der jeweiligen Webseitenaufrufe, sowie die besuchte URL. Daraus ergibt sich, dass  das Internet 40h im Zeitraum von 30 Arbeitstagen privat genutzt wurde. Zudem wurden Webseiten mit sado-masochistischem und pornografischen Inhalten besucht.

Der Arbeitnehmer legt Kündigungsschutzklage ein und führt insbesondere an, dass die Auswertung des Browserverlaufs ohne Zustimmung rechtswidrig sei und damit ein Beweisverwertungsverbot bestehen müsste.

Das LAG Berlin-Brandenburg hält die Kündigung für rechtswirksam. Eine exzessive Nutzung des Internets zu Privatzwecken von über 1h pro Arbeitstag genügt einer außerordentliche Kündigung. Zum einen ist dadurch die Hauptleistungspflicht verletzt, weil geschuldete Arbeitsleistung nicht erbracht werden konnte. Außerdem wird die Treuepflicht gem. §214 Abs. 2 BGB verletzt, da durch den Besuch pornografischer Webseiten Risiken bestehen, nachverfolgbare Datenspuren des Unternehmens zu hinterlassen oder schlimmstenfalls den Dienstrechner und weitergehend den Unternehmensserver zu infizieren.

Des Weiteren lehnt das Gericht ein Beweisverwertungsverbot der Browserdaten ab. Wurden die Grundrechte einer Partei durch die Beweismittelerhebung in einem außerordentlichen Maße beschnitten, so muss das Gericht die Grundrechte der verletzten Partei vor der Beweisverwertung stellen. Das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung gem. Art. 2 GG, konkretisiert in §1 BDSG, sei insofern nicht verletzt, als dass die stichprobenhaftige Auswertung von Arbeitnehmerdaten zum Zweck der Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses gem. §32 Abs. 1 BDSG dient .

Auch wenn der Arbeitnehmer einer Kontrolle des Arbeitgebers nicht zustimmt, gibt es für den Arbeitgeber keinen anderen Weg als die Daten auszulesen, um die Pflichtverletzung zu beweisen. Auch eignet sich eine Tabellenübersicht des Browserverlaufs, um das Surfverhalten nachzuweisen. §32 BDSG rechtfertigt indessen nur, dass Daten anlassbezogen erhoben werden, nicht aber zum Zweck einer Dauerüberwachung. Die Anlassbezogenheit geht hier aus den auffälligen Ergebnissen der Datenvolumenüberprüfung in Verbindung mit der geständigen Aussage des Mitarbeiters hervor.

Praxisrelevanz

Nach alter Rechtsprechung durfte z.B. ein Arbeitgeber den Spint eines Mitarbeiters, der z.T. privat genutzt wurde, nicht aufschließen, um mit dem enthaltenen Diebesgut einen Diebstahl zu beweisen. Dem Arbeitgeber wird mit dem vorgestellten Urteil ein wichtiges Instrument gegeben, um Pflichtverletzungen, für die es starke Anhaltspunkte gibt, beweisen zu können.

Dies wirft rechtliche Fragen auf in einer Zukunft, in der neue Kommunikationsmedien und flexible Arbeitszeitmodelle das Arbeits- und Privatleben bestimmen. Denn die Privatnutzung des Internets ist während der Arbeitszeit, solange keine Erlaubnis des Arbeitgebers vorliegt, verboten. Fraglich ist zum Beispiel, ob im Arbeitszeitmodell der Vertrauensarbeitszeit, das private Surfen im Internet der geschuldeten Arbeitsleistung zurechnet wird und damit eine Pflichtverletzung darstellt, oder vielmehr jegliches privates Surfen schlicht als Arbeitspause gewertet wird, die das Arbeitsverhältnis nicht belastet.

Um solche Probleme vorbeugend zu entschärfen, sind von Seiten des Arbeitgeber klare Regelungen, z.B. in Form von Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsvertragsklauseln aufzustellen. Einerseits herrscht damit für einen Arbeitnehmer eine gewissen Klarheit, ob und inwiefern dieser das Internet für Privatzwecke nutzen darf. Auf der anderen Seite kann der Arbeitgeber bei bekannter Internetnutzung klar einordnen ob diese im Rahmen des Erlaubten oder des Rechtswidrigen stattgefunden hat.

Zum Thema der Beweiserhebung sollte dennoch trotz des Urteils auf eine frühzeitige Einbeziehung des Mitarbeiters geachtet werden. So würde dem Mitarbeiter die Chance gegeben werden, sollte dieser denn grenzwertige Webseiten besucht haben, eine Kündigung oder Aufhebungsvertrag zu akzeptieren, bevor intime Browserdaten eingesehen werden. Um solch einer Situation bereits vor der Entstehung entgegenzuwirken, kann zudem die Einführung einer Webseitensperrungssoftware für pornografische und gewaltverherrlichende Webseiten auf dem Unternehmensserver angemessen sein.