Um ein Arbeitsverhältnis einfach und fristlos zu beenden, werden oft Aufhebungsverträge zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geschlossen. Darin wird häufig ein Klageverzicht zur Vermeidung einer Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers vereinbart. Im Gegenzug können diesem Vorteile beispielsweise in Form einer Abfindung entstehen.

Wenn allerdings der Aufhebungsvertrag nur zur Vermeidung einer vom Arbeitgeber angedrohten fristlosen Kündigung geschlossen wurde, kann dieser Klageverzicht dann wirksam sein?

Das Bundesarbeitsgericht entschied im folgenden Fall darüber, unter welchen Umständen der Klageverzicht bindend und wann er unwirksam ist.

 

Sachverhalt

Der seit 11 Jahren in einem Einzelhandelsunternehmen beschäftigte Arbeitnehmer wird von seinem Vorgesetzten beschuldigt, zwei Fertigsuppen aus dem Lager entwendet zu haben. In dem Personalgespräch, in dem ihm diese Beschuldigung auf den Tisch gelegt wird, drohte der Arbeitgeber als Folge dieser vorgeworfenen Handlung mit Strafanzeige und fristloser Kündigung. Er bot ihm allerdings zur Vermeidung dieser Folgen eine Alternative: einen Aufhebungsvertrag. In diesem sollte der Arbeitnehmer erklären, dass er auf sein tarifliches Widerrufsrecht von drei Tagen verzichte und dass beide Parteien auf Klage verzichten.

 

Auszug aus dem Tarifvertrag:

„Auflösungsverträge bedürfen der Schriftform. Jede der Parteien kann eine Bedenkzeit von drei Werktagen in Anspruch nehmen. Ein Verzicht hierauf ist schriftlich zu erklären.“

 

Der Arbeitnehmer leugnete die Tat, unterschrieb jedoch nach dem 1,5-stündigen Gespräch den Aufhebungsvertrag mit dem Widerrufs- und Klageverzicht. Er kontaktierte seinen Anwalt, der in seinem Namen den Vertrag gem. §§ 123, 142 BGB wegen widerrechtlicher Drohung anfocht und erhob Feststellungsklage beim Arbeitsgericht, um das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses zu prüfen.

Der Arbeitnehmer argumentierte unter anderem damit, dass die Drohung mit der Kündigung widerrechtlich sei, weil er die Suppen nicht geklaut habe Und sowohl der Vertrag als auch die Vorgehensweise sittenwidrig und der Vertrag daher nichtig sei. Wirkung des Klageverzichts ist jedoch, dass der klagende Arbeitnehmer die Anfechtung gerichtlich nicht durchsetzen kann.

 

Urteile

Das Arbeitsgericht erklärte den Klageverzicht als unwirksam. Bei den Klauseln in dem Formularvertrag handle es sich um AGB in Form von Einmalbedingungen i.S.d. § 310 III Nr. 2 BGB, also um allgemeine Geschäftsbedingungen, da der Vertrag vorformuliert und vom Arbeitgeber, also dem Verwender, gestellt ist. Die Klausel benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen gem. § 307 I BGB. Die Anfechtung greife allerdings nicht. – § 123 BGB gewährt die Anfechtbarkeit bei arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung. In diesem Fall habe der Arbeitgeber aufgrund seines Verdachts aber mit der Kündigung drohen dürfen. Der Widerrufsverzicht wurde als wirksam erachtet.

Der Berufung des Klägers wurde vom Landesarbeitsgericht stattgegeben. Das LAG nahm an, dass der Kläger mit Schreiben des Anwalts wirksam widerrufen habe, da der Widerrufsverzicht unwirksam sei. Die AGB benachteiligen den Arbeitnehmer unangemessen gem. § 307 I S. 1 BGB und seien intransparent. Daher wurde in dieser Instanz nicht weiter auf den Klageverzicht eingegangen.

Der Arbeitnehmer verfolgte sein Anliegen weiter und die Revision wurde zugelassen.

 

Das BAG korrigierte:

Auf die Wirksamkeit des Widerrufsverzichts komme es nicht an, da der Kläger keinen Widerruf, sondern eine Anfechtung erklärte. Diese unterschiedlichen rechtsgestaltenden Erklärungen sind auf jeden Fall voneinander zu trennen. Eine Anfechtung bedarf eines Anfechtungsgrundes und führt gemäß § 142 Abs. 1 BGB zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts. Bei einem Widerruf ist ein Grund nicht erforderlich. Die Willenserklärung ist bis zum Ablauf der „Bedenkzeit“ nicht endgültig wirksam, da das Zustandekommen des Vertrags bis zum Ablauf dieser Zeit hinausgeschoben wird. Deswegen genügt eine Erklärung, die nur erkennen lässt, dass der Kläger nicht an den Vertrag gebunden sein will nicht, um einen Widerruf auszuüben. Es muss erkenntlich sein, dass der Vertrag aufgrund des Widerrufs nicht gelten solle. In dem Anfechtungsschreiben des Klägers ist dieser Wille jedoch nicht zu erkennen.

Ob der Kläger sich von dem Vertrag lösen kann, hängt also von der Wirksamkeit des Klageverzichts ab. Grundsätzlich kann der Verzicht einer bestimmten Klage im Sinne der Privatautonomie vereinbart werden.

Laut BAG liegt bei einem solchen formularmäßigen Klageverzicht in einem Aufhebungsvertrag, der zur Vermeidung einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers geschlossen wird, dann eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 I BGB vor, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine solche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte und die Drohung deshalb widerrechtlich ist. Im vorliegenden Fall fehlte es aber für diese Entscheidung an Feststellungen, sodass die Sache an das LAG zurückgewiesen wurde.

 

Fazit

Die Wirksamkeit eines Klageverzichts in einem Aufhebungsvertrag, der nur zur Vermeidung einer angedrohten Kündigung geschlossen wird hängt von der Rechtmäßigkeit der angedrohten Kündigung ab.